Die Räuber vom Mainhardter Wald
Die Räuber vom Mainhardter Wald
Die Räuber vom Mainhardter Wald sind sprichwörtlich. Wird man nach seiner Herkunft gefragt und entgegnet "Mainhardt", so erhält man oft die neckische Antwort "aha, ein Räuber". Tatsächlich steckt hinter dieser Neckerei oft mehr Wahrheit, als mancher denkt.
Die Räuber und Rebellen in möglichst kurzen Worten...
Im Jahre 1745 übernimmt der katholische Geistliche Fürst Joseph die Herrschaft über die Ländereien, nachdem die protestantische Herrscherlinie ausgestorben war. In dieser evangelischen Region fördert er den Katholizismus und besetzt attraktive Stellen der Behörden bevorzugt mit Katholiken und siedelt katholische Einrichtungen an. Am ersten Juli 1745 wird per Dekret festgelegt, dass die Mainhardter anstelle von Frondienst nun ihre Abgaben mit Geld zu bezahlen haben. Der Mainhardter Wald ist charakterisiert durch wenig fruchtbare Sandböden, die den Bewohnern nur ein geringes Auskommen ermöglichen. Eine Abordnung der ohnehin bereits verarmten Mainhardter wurde beim Fürsten in Pfedelbach vorstellig mit der Bitte, dass die Untertanen weiterhin Frondienste verrichten dürfen, statt diese in Geld auszulösen (siehe Hohenlohe Zentralarchiv Ba 10 Bü 631, unten abgebildet). Der Fürst kam dieser Bitte nicht nach und die Mainhardter verblieben in einer ausweglosen Situation, die aber auch eine Einigkeit der Betroffenen erzeugte.
Die Mainhardter hatten mit Hans Jerg Ungerer
von Rutzenweiler einen Mann gefunden, der ihnen Hoffung machte, ihre Sache vertrat und in dieser Angelegenheit mit Christoph Wieland
sogar bis nach Wien zum Kaiser reiste, um dort Klage gegen Fürst Joseph zu erheben ("Als Mainhardt Hohenlohisch war", Dr. Heike Krause, ISBN 978-3-00-041377-3). Nach langen Rechtsstreitigkeiten, Flucht und Verfolgung des Hans Jerg Ungerer scheiterte letzlich die "Rebellion" der Mainhardter Bürger. Diese mussten ihre Abgaben ab Frühjahr 1755 begleichen, bis 1766 war das meiste getilgt und die Untertanen waren danach bettelarm.
In dieser ausweglosen Situation blieb vielen nichts anderes übrig als "Salz von Schwäbisch Hall zu tragen" und den kargen Lohn mit ein paar kleinen Diebstählen von Feldfrüchten aufzubessern, um die Familie vor dem Verhungern zu bewahren. Irgendwann kam der Wirt und Zoller Heinrich Weiß
ins Spiel. Von seinen Gästen erfuhr er, wann und wo sich bandenmäßige Überfälle lohnen und gab diese Information an die mittlerweile auf über 60 Personen angewachsene Räuberbande weiter, so dass diese wohl geplant und zielgerichtet unter anderem die Postkutsche an der Cröffelbacher Steige überfallen konnten (Bild siehe unten). Bei der Aufteilung der Beute wurde in vielen Fällen ehrenhaft vorgegangen: Nicht nur die Beteiligten, sondern auch am Überfall unbeteiligte Bandenmitglieder bekamen teilweise ihren Anteil. Auch der "Räuberhauptmann" Weiß verzichtete in einigen Fällen zu Gunsten der anderen auf seinen Anteil.
Eigentlich würde man erwarten, dass die Räuber hauptsächlich heißblütige Jünglinge waren. Tatsächlich gab es auch den einen oder anderen sehr jungen Räuber wie den "Göckelbub" (Johann Martin Haas), viele waren jedoch unerwartet alt, wie beispielsweise der "Wiedecaspar" (Johann Caspar Eisenmann) mit über 70. Die Räuber haben ihre größeren Beutezüge nur außerhalb des Mainhardter Waldes durchgeführt, so dass lange keine Spur zu Ihnen verfolgt werden konnte und niemand Verdacht schöpfte. Trotzdem hatte letztlich die Justiz den längeren Atem, die Räuber wurden 1772 gefasst und gefoltert. Im Jahre 1773 wurden die meisten in Pfedelbach und Maienfels hingerichtet. Zu diesem Anlass wurden zwei Umdrucke mit den Geständnissen der Räuber an die Bevölkerung herausgegeben (HZAN GA 97 Nr. 800
und HZAN GA 97 Nr. 801), denen wir die detaillierte Beschreibung der sogenannten "Missetaten" verdanken.
Eine ausführliche Beschreibung der Geschehnisse findet sich bei Crime Quarter auf YouTube.
Die Gruppe der Laienschauspieler Mainhardt
führt alljährlich ein sehr sehenswertes und bewegendes Stück "Aufstand im Mainhardter Wald–von Rebellen zu Räubern" zu diesem Thema auf. Alle untenstehenden Bilder mit freundlicher Genehmigung von Laienschauspiel Mainhardter Wald e.V.
Cröffelbacher Steige
Überfall auf die Postkutsche / 15.05.1768
Rielingshausen
Überfall auf den Schultheiß Wildermuth / 24.05.1768
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Aus den genannten Quellen und den Kirchenbüchern kann in den meisten Fällen die Identität der Mitglieder der Räuberbande ermittelt werden, auch wenn sich manche bis heute der Identifizierung entziehen, wie beispielsweise die "drei Schinders Pursch aus dem Gmündischen".
Die genealogischen Daten der zumindest namentlich bekannten Personen sind folgend tabellarisch zusammengestellt. Bei Personen aus dem Bereich der Pfarrei Maienfels (Neuhütten) ist eine Ermittlung von Daten in den meisten Fällen wegen fehlender Kirchenbücher nicht möglich.
Die Räuber hatten "Spitznamen", die wohl die normalen umgangssprachlichen Namen dieser Personen waren. In vielen Fällen sind diese Namen von Eigenschaften und Berufen ("der lange Weber"), dem Beruf und dem Namen ("Kochenschuhmacher") oder dem Wohnort abgeleitet. Ein Beispiel ist der "Euljerg" als Kombination aus seinem Vornamen "Jerg" und seinem Wohnort "Eulhof" in Rutzenweiler, ebenso der "Wiedecaspar" welcher eben der "Caspar" vom "Wiedhof" war. Ebenso naheliegend ist der "Göckelbub", den man aufgrund seines Alters trotz seiner Stellung innerhalb der Bande wohl eher als "Bub" sah und der vom "Gögelhof" stammte.
Nr. | Spitznamen | Name | Taufe | Geburtsort Wohnort |
Ehen | Beruf |
1 | Steinhauerle | Johann Philipp Bauer | err. 1730 | / Hausen an der Rot |
verh., rk | Maurergeselle |
2 | Dietrich Beier | / Maienfels |
Jäger | |||
3 | Johann Georg Beier | / Neuhütten |
||||
4 | Jerg Fridel | Jörg Friedrich Beier | um 1705 | / Neuhütten |
Forstknecht zu Maienfels | |
5 | Ludwig Dietrich Baier | / Busch |
Forstkecht | |||
6 | Friedrich Dietle Vater oder Sohn? |
V:24.06.1720 S:23.04.1747 |
Finsterrot/ Finsterrot |
V:24.10.1741 S:31.01.1768 |
Bürger und Salzführer in Finsterrot |
|
7 | Plapp-Philipple | Philipp Dietle | err. 1725 | Plapphof Neuh./ Ammertsweiler |
verh. | Kohlenbrenner, Salzträger Beisitzer in Ammertsweiler |
8 | Geisten Rosel Tochtermann | Hans Jerg Eberle | / Neuhütten |
Steinhauer | ||
9 | Mausfänger vom Kreuzle | Johann Adam Eichel | 03.02.1724 | Witzmannsweiler/ Kreuzle |
09.06.1750 | Mäusefänger |
10 | Wiedecaspar | Georg Caspar Eisenmann | 22.01.1697 | Rutzenweiler/ Wiedhof |
30.04.1720 | Söldner auf dem Wiedhof |
11 | Euljerg | Johann Georg Eisenmann | 16.09.1718 | Rutzenweiler/ Rutzenweiler |
23.06.1744 29.09.1761 |
Schwiegersohn von Hans Jerg Ungerer |
12 | Des Balthas Eurichs ältester Sohn |
Wilhelm Heinrich Eurich | 23.12.1752 | Finsterrot/ Finsterrot |
||
13 | Kirchhof-Wilhelmle | Michael Gogel | ?1736-1745? | Finsterrot/ Finsterrot |
Sohn des
Wilhelm Gogel Welcher? |
|
14 | Göckelbub | Johann Martin Haas | 10.01.1750 | Rutzenweiler/ Gögelhof |
ledig | Knecht Stiefsohn von Andreas Noller |
15 | Johann Michael Haas | 10.07.1716 | Ammertsweiler/ Ammertsweiler |
30.04.1743 | bereits +21.02.1771 | |
16 | Kappelmaurer | Hans Peter Kappler | / Stollenhof |
Maurer | ||
17 | Schollencaspar | Georg Caspar Kircher | 11.01.1734 | Rutzenweiler/ Rutzenweiler |
19.05.1767 | |
18 | Schollenmüller Schollencaspar's Bruder |
Kircher zwei Brüder, welcher ? |
Rutzenweiler/ |
Müller | ||
19 | Hirtensohn von Höchberg | Georg Ludwig Knödler | 27.06.1736 | Unterheimbach/ Fuchsschwanz |
27.04.1767 | |
20 | Friedrich Knott | / Schw. Hall |
Schuhmacher | |||
21 | Kochenschuhmacher | Christoph Koch | err. 1727 | Amsterdam/ Neuhütten |
verh. | Schuhmacher |
22 | Strohjackels Sohn | Georg Friedrich Kübler | 26.02.1745 | Ammertsweiler/ Ammertsweiler |
ledig | |
23 | Spielmanns Stophele | Christoph Wilhelm Lang | 10.06.1731 | Maienfels/ Maienfels |
28.11.1752 | |
24 | Weberle Sigismundens Jockele |
Johann Georg Löchner | 26.10.1736 | Neuhütten/ Neuhütten |
21.02.1764 | |
25 | Zimmermännle | Michael Meyer | / Neuhütten |
|||
26 | Taubenhauers Hausgenoß | Jacob Müller | / Ammertsweiler |
15.07.1750 |
||
27 | Ein Salzträger vom Hals | Müller | ? 1727 | / Hals |
||
28 | Hirt Müllerle | Müller | / Ammertsweiler |
Hirt | ||
29 | Gögelmännle | Andreas Noller | 10.02.1718 | Morbach/ Gögelhof |
05.03.1753 | Bauer Stiefvater vom Göckelbub |
30 | Weihenbronner Andres | Johann Andreas Rapp | 23.02.1727 | Büchelberg/ Weihenbronn |
14.02.1764 | Weber und Salzträger |
31 | Friedrich Röger | / Neuhütten |
||||
32 | Schweizerle | Friedrich Ruff | 16.01.1742 | Maienfels/ Neuhütten |
30.10.1769 | Freigütleinbesitzer |
33 | Strobeliger Sammet | Adam Sammet | / Neuhütten |
|||
34 | Haasen Michel | Michael Sammet | / Neuhütten |
|||
35 | Gögel-Stephe | Stefan Sanwald | 01.08.1726 | Michelfeld/ Gögelhof |
25.11.1755 | Bauer und Salzträger |
36 | Jagdbott Michele im Gütle |
Johann Michael Schanzenbach | 19.03.1741 | Hohenstraßen/ Hohenstraßen |
16.09.1766 | Söldner und Taglöhner Jagdbott Hohenstraßen |
37 | Langer Weber | Johann Georg Schoch | 29.09.1726 | Hohenstraßen/ Nüßlenshof |
20.08.1754 | Weber und Salzträger |
38 | Jockele | Hans Jörg Scholl | / Plapphof |
|||
39 | Steinhauer von Gailsbach | Georg Michael Schwartzbeck | 24.12.1722 | Gailsbach/ Gailsbach |
05.02.1748 11.05.1751 28.01.1766 |
|
40 | Salzjerg Kohlholz |
Hans Jerg Sinn | / Hasenhof |
|||
41 | Hans Jerg Spohn | / Neuhütten |
Hafner | |||
42 | Kleiner Weberles Sohn | Georg Carl Ungerer | 24.02.1749 | Fuchsschwanz/ Fuchsschwanz |
||
43 | Guckackerle | Georg Michael Ungerer | 12.05.1727 | Gailsbach/ Hohenstraßen |
24.06.1755 | Söldner und Salzträger |
44 | Sternwirt Hehler der Räuber |
Johann Georg Jacob Vögele | 23.07.1733 | Finsterrot/ Mainhardt |
06.05.1760 | Sternwirt in Mainhardt |
45 | Taubenhauers Schuhmacher | Johann Ludwig Albrecht Vogelmann |
23.02.1749 | Ammertsweiler/ |
ledig | Schuhmacher |
46 | Florlens Carle | Carl Vogelmann | / Neuhütten |
|||
47 | Räuberhauptmann | Johann Heinrich Weiß | 28.04.1715 | Pfedelbach/ Mainhardt |
19.06.1746 | Wirt und Zoller Richter Böhringsweiler |
48 | Gögel-Andresle | Andreas Wieland | 15.06.1726 | Rutzenweiler | 01.06.1756 | Bauer und Salzträger |
49 | Schuhcasperle oder Schne(es)pperle Bruder von Gögel-Andresle |
Georg Caspar Wieland | 27.11.1729 | Rutzenweiler/ Neuhütten |
02.12.1755 | Söldner |
50 | Gögelstrobel | Hans Conrad Wieland | 16.10.1701 | Ammertsweiler/ Rutzenweiler |
25.09.1725 | |
51 | Wägnerle | Hans Jörg Wieland | 22.12.1740 | Neuhütten/ Neuhütten |
17.09.1765 | |
52 | Hirtensohn = Rößermüllers Sohn ? |
Jacob Wieland | 25.07.1749 | Scherbenmühle/ Storchsnest |
ledig |